Aktuelle Rechtsinformationen
Ein Service von:
Stefanie Conrad
Rechtsanwältin
Meisenweg 16, 71334 Waiblingen
E-Mail: info@kanzleiconrad.de
[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]
Haager Kindesentführungsabkommen: Über die Rückführung eines Kleinkinds in Krisengebiete
Internationale Kindesentführungen folgen in allen Staaten, die dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) beigetreten sind, einer einfachen Regel: Schnellstens muss das Kind in das Land der Entführung zurück, damit dort gerichtlich über sein weiteres Schicksal entschieden werden kann. Doch was ist, wenn es sich wie im Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG) dabei um ein Krisengebiet handelt?
In diesem Fall ging es um ein nicht einmal ein Jahr altes Kind eines griechisch-deutschen Elternpaars, das aus beruflichen Gründen in Israel lebte. Die Mutter flog heimlich mit dem Kind nach Deutschland, der Vater stellte bei der Behörde in Israel einen Antrag auf Rückführung.
Das OLG verurteilte die Mutter auch tatsächlich, das Kind innerhalb einer Woche nach Israel zurückzubringen, und drohte ihr bei Weigerung Ordnungsgeld und Ordnungshaft an. Zudem gab das Gericht dem Gerichtsvollzieher die Freigabe, das Kind nach Ablauf dieser Frist mit Durchsuchen der Wohnung und polizeilicher Hilfe abzuholen.
Zur Eskalation des Nahostkonflikts nahm das OLG wie folgt Stellung: Die Voraussetzungen der Härteklausel gemäß Art. 13 HKÜ können vorliegen, wenn das Kind in ein Kriegs- oder Bürgerkriegsgebiet zurückgeführt werden soll und dort eine konkrete Gefahr für das Kind bestehe. Allerdings gehören die in dem Herkunftsstaat herrschenden generellen Lebensbedingungen zum allgemeinen Lebensrisiko, das in der Regel hinzunehmen sei. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts führe nicht automatisch zur Annahme einer schwerwiegenden Gefahr. Bei der Prüfung der Frage, ob die maßgebliche Gefährdungsschwelle im vorliegenden Fall erreicht ist, hat das OLG berücksichtigt, dass die Sicherheitslage im Staat Israel schon seit langer Zeit angespannt sei und beide Elternteile im Jahr 2020 das Risiko, in Israel zu leben, als vertretbar angesehen und sich für einen Aufenthalt dort entschieden haben.
Hinweis: Die Ukraine betreffend hatte dasselbe OLG eine Rückführung abgelehnt und führte in seiner neuen Entscheidung aus, dass die Gefahrenlage in der Ukraine nicht mit der in Israel vergleichbar sei.
Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.05.2024 - 17 UF 71/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 07/2024)
[Startseite] [Archiv] |